Alaska für Outdoor 7/2001 von Jo Deleker

Alaska

North to Alaska


Der 49. Bundesstaat der USA gilt unter Outdoorern als eins der Traumziele schlechthin. Und das völlig zu Recht, denn "das große Land" begeistert mit grandiosen Landschaften und faszinierenden Begegnungen mit den tierischen Bewohnern.



Im Sommer hat der Mythos Urlaub. Zumindest entlang der Highways, wenn Zehntausende in riesigen Wohnmobilen dem Lockruf des Nordens folgen, um der Faszination Alaskas zu erliegen und den Mythos vom grenzenloser Einsamkeit erleben wollen. Doch zum Glück ist nur ein Bruchteil des Landes über Straßen zu erfahren, das unberührte Land liegt hinter dem Horizont, oder manchmal sogar entlang von kleinen Nebenstraßen, die sich in die Weite der Taiga und Tundra vorwagen.

So sind Birgit und ich auch froh, als wir hinter Copper Center den nervigen Richardson Highway verlassen und unsere voll gepackten Räder nach Osten lenken, die vergletscherten Wrangell Mountains direkt vor uns. Der Edgerton Highway lässt Platz zum Staunen. Die schüttere Vegetation besteht nur aus ein paar grünen Birken, die sanft im warmen Südwind rauschen. Unsere Blicke gehen weit über das Tal des Copper River bis zu den Berggiganten. Zum ersten Mal wird uns hier klar, dass wir es in Alaska mit einer neuen Dimension zu tun haben. Kanada ist groß und eindrucksvoll, aber Alaska spielt in einer höheren Liga. Die Weite ist noch unfassbarer und wo in Kanada ein 3000er den Horizont beherrscht, da türmen sich hier 5000er in den blitzeblauen Himmel. Dabei sind die Wrangell St. Elias Mountains ein unverschämter Angriff auf die Sehnerven. Als Aperitif der Mt. Drum, mit 3663 Metern eher ein Kleiner unter Alaskas Riesen, daneben der alte Vulkan Mt. Sanford, mit 4949 Metern schon ein Stück höher als Europas Dach, der Mt. Blanc. Es folgt der breite Gletscherrücken des Mt. Wrangell, dessen Gipfelkrater noch immer weiße Dampfwolken ausstößt und last-but-not-least der Mt. Blackburn, dem nur ein paar Zentimeter an der magischen 5000-Meter-Marke fehlen.

Das Panorama der Berge bleibt zurück, als wir in einer rasanten Talfahrt den Copper River erreichen, um dem breiten Gletscherfluss bis Chitina zu folgen. Chitina ist ein aufstrebender Geisterort mit dem typischen Flair Alaskas. Ein paar uralte halb verfallene Holzhäuser, dazwischen rostige Autowracks aus den 30er und 40er Jahren, dann aber auch ein schickes Kunstgeschäft, eine neue Touristeninformation und restaurierte Wohnhäuser. Wir bleiben nicht lange, rumpeln statt dessen über eine üble Piste ins Herz des Nationalparks, die der alten Eisenbahntrasse folgt. Endlich wird die Einsamkeit greifbar, stundenlang begegnen wir keinem anderen Fahrzeug, sehen nur Wracks der alten Holzbrücken, über die die Kupferzüge dampften. Die Straße endet einfach am Kennicott River, einem dunkelbraunen Fluss, der sich aus dem gleichnamigen Gletscher wälzt.

McCarthy ist die Steigerung von Chitina. Ein paar Menschen wohnen hier vor der Kulisse des Mt. Blackburn, Autos gibt es nicht, höchstens mal ein Wrack aus der Blütezeit der Region. Das aber ist seit mehr als 60 Jahren Vergangenheit. Damals - zwischen 1911 und 1938 - war die Mine Kennicott, nur in paar Meilen gletscheraufwärts, der größte Kupferproduzent der Welt. 700 Menschen malochten in den roten Holzgebäuden und unterirdischen Stollen. Die alten Häuser stehen inzwischen unter dem Schutz der UNESCO, aber es ist schwer ihren Verfall zu stoppen. Das Kupfererz wurde damals über eine extra gebaute tollkühne Eisenbahn entlang des Copper River bis zum Hafen von Cordova gebracht.

Genau dort wollen wir auch hin. Aber weil es entlang des Copper keinen Weg mehr durch die Küstenberge gibt, müssen wir zurück zum Richardson Highway, dann hinunter nach Valdez, das traurige Berühmtheit durch die Havarie des Supertankers Exxon Valdez erlangte, und mit der Fähre über den Prince William Sound nach Cordova. Morgens um fünf schieben wir die Räder aus dem Schiff in den penetranten Nieselregen Cordovas. Zum Glück hat schon ein Café geöffnet, wo wir bei Pancakes und dünnem Kaffee auf besseres Wetter warten. Das allerdings kann dauern, denn die Küstenregion wird jedes Jahr mit vier Meter Regen gewässert. Irgendwann haben wir die kostenlosen Kaffee-Refills bis zum Abwinken ausgereizt und werden schon fast euphorisch angesichts einer kleinen Wolkenlücke. Nichts wie los. Die 80 Kilometer lange Piste zum Childs Glacier läuft meist schnurgerade auf der alten Eisenbahntrasse durchs flache Mündungsdelta des Copper River. Gewaltige Cottonwood-Bäume versperren die Sicht zum Himmel. Weißkopf-Seeadler sitzen auf abgestorbenen Ästen und beäugen uns skeptisch. Hundert Meter vor uns trottet ein Schwarzbär auf die Straße, entdeckt uns und sprintet ins dichte Unterholz.

Doch plötzlich wird es noch spannender. Wir erreichen die Million Dollar Bridge, deren vier rostrote Bögen sich über den breiten Copper River spannen. Der letzte Stahlbogen der Eisenbahnbrücke ist beim gewaltigen Erdbeben von 1964 eingestürzt. Eine wackelige Rampe ermöglicht aber trotzdem die Überquerung des Copper River, der hier aus dem Miles Lake fließt. Am anderen Ufer des Sees, viele Kilometer entfernt, schiebt sich die Gletscherzunge des Miles Glacier aus den Küstenbergen und kalbt bizarre Eisberge in den See. Aber weder der Miles Glacier noch die Million Dollar Bridge sind die eigentliche Attraktion, sondern der Childs Glacier. Die 90 Meter hohe Eiswand fließt direkt in den Copper River. Dessen starke Strömung unterhölt die eisige Front des Gletschers. Die Folge sind spektakuläre Abbrüche.

Das Zelt schlagen wir hoch auf dem sicheren Ufer auf und dann packt uns die Gletschersucht. Tagelang sitzen wir vor der eisigen Wand und warten auf den "großen Rutsch" . Gletscher-gucken ist spannender als jeder Krimi. Ständig knackt und poltert es im Gletscher. Ab und an stürzen einfamilienhausgroße Brocken in das braune Wasser, verschwinden mit gigantischen Gischtwolken im Fluss und schicken mächtige Wellen bis an unser Ufer. Und dann endlich der große Rutsch: Ein paar Meter oberhalb der Wasserlinie brechen laufend blaue Eisscheiben ab, schaffen eine Höhle und graben der Eiswand darüber ihren Sockel ab. Die sieht daraufhin ein, dass ein Leben ohne Basis nicht möglich ist, und löst sich vom Gletscher. Wie in Zeitlupe rutscht die Wand, vielleicht 50 mal 50 Meter groß, in den Fluss. Die braune Gischtwolke spritzt fast so hoch wie der gesamte Gletscherfront, eisige Trümmerstücke werden durch den Aufprall bis in die Mitte des Copper River geschleudert und die Welle, die sich in Windeseile über den Fluss wälzt, könnte wohl auch ein Fischerboot versenken. Wir sind völlig begeistert, starren uns nur ungläubig an. Was für ein Schauspiel.

Wir könnten dem Gletscher noch Tage zusehen, müssen aber zurück nach Anchorage um unseren Flieger in den Katmai Nationalpark nicht zu verpassen. Schon im Januar hatten wir eins der begehrten Camping-Permits ergattern können, die einen Aufenthalt im Bärenparadies am Brooks River erst sinnvoll machen. Alaska ist zwar Bärenland, aber die dicken Braunen aus nächster Nähe zu erleben, funktioniert nur in wenigen Schutzgebieten. Wobei die Küstenbraunbären dank ihrer lachsreichen Nahrung und der milden Winter viel größer werden, als ihre Grizzly-Kollegen im kalten Zentrum Alaskas.

Wie zum Beweis verhindert ein mächtiger Braunbär mit ansehnlicher Wampe am Strand des Naknek Lake, dass wir den Wasserflieger verlassen können. "Das ist nur der Begrüßungsbär", grinst der Pilot, manövriert den Flieger 200 Meter weiter und lässt uns aussteigen. Ein Ranger erwartet uns schon, zeigt uns den Platz fürs Zelt und erklärt die richtige Verhaltenweise gegenüber den Bären. Dann geht's über schmale Waldwege zur Beobachtungsplattform an den Wasserfällen. Drei Braunbären suchen im Wasser nach Sockeye-Lachsen, die im Juli aus der Beringsee in den Brooks River zum Laichen kommen. Zwei weitere warten oben an der Kante des Falls auf Fische, die durch Sprünge das Hindernis zu meistern versuchen, nicht selten aber geradewegs im Maul eines hungrigen Meister Petz landen. Am anderen Ufer taucht eine blonde Bärin mit zwei Spring Cubs auf, winzige dunkle Bärenkids, die im Winter geboren sind. Die Mutter ist nervös, traut sich nur selten in den Fluss, weil sie dafür ihre Jungen allein lassen muss. Sie weiß um die Gefahr für ihren Nachwuchs, der vor allem von alten Männchen ausgeht. Trotzdem zieht Blondie, wie ein Ranger die Bärin getauft hat, einen kapitalen Lachs aus dem Wasser und verschwindet mit ihren Jungen im Wald.

Auch für uns wird es nach einigen Stunden Zeit, die Plattform zu verlassen weil neue Besucher den Bären zusehen wollen. Für den nächsten Tag mieten wir ein Kanu, um für eine Zweitagestour in die Wildnis aufzubrechen. Schnell ist alles Wichtige verstaut und wir stechen in See. Spiegelglatt gleitet das milchig-grüne Wasser des Naknek Lake unter der silbernen Aluhaut des Kanus vorbei. Kein Windhauch kräuselt den See. Fein strukturierte Zirruswolken verzieren den blauen Himmel. Das Wetter soll gut bleiben. Sagte jedenfalls der Ranger, der uns für die Kanutour registrierte. Völlige Stille umfängt uns. Nur das rythmische Eintauchen der Paddel sorgt für dezente Begleitmusik. Ein ungewöhnlich schöner Tag für Katmai, dass sich sonst eher mit berüchtigten Aleutenstürmen rumplagen muss.

Wir paddeln durch die uralte Gletschermoräne, die den Hauptteil des Naknek Lake vom Iliuk Arm trennt. Der Iliuk Arm ist wegen der plötzlichen Fallwinde, den Williwaws, bei Paddlern gefürchtet. Kaum haben wir die Moräne hinter uns, zieht eine sanfte aber deutliche Dünung über das Wasser. Leichter Wind malt feine Muster auf den See. Aber noch deutet nichts auf Wetteränderung hin. Bis uns urplötzlich eine Böe um die Ohren pfeift, kurz nachlässt um dann noch eins drauf zusetzen. In Minutenschnelle wandelt sich die Stille zum Chaos. Die Wellen wachsen erstaunlich schnell, werden steiler und überschlagen sich. Der Wind reißt die Gischt von den Wellenkämmen uns bläst uns den eiskalten Hauch ins Gesicht. Wir versuchen auf eine kleine Insel zuzuhalten, aber die gibt sich nicht die geringste Mühe näher zu kommen. Ich schreie Birgit, die vorn im Boot rekordverdächtig paddelt, irgendwas zu, aber sie versteht bei dem Wind kein Wort. Die Insel können wir vergessen, wir müssen versuchen mit dem Wind an Land zu kommen. Einfacher gesagt als getan, denn über ein quer stehendes Kanu würden sich die Wellen köstlich amüsieren und es in Windeseile füllen und kentern zu lassen. Oder umgekehrt, was aber völlig egal ist.

Wir warten ein paar flachere Wellen ab, drehen das Boot und paddeln zum Ufer. Eine kleine Halbinsel gewährt Schutz vor der Brandung. Geschafft, dem Tohowabohu entronnen. Wir hatten uns so auf den See konzentriert, dass wir die Wetterwende gar nicht bemerkt haben. Eine graue Wolkendecke hat den blauen Himmel versteckt und schon klatschen die ersten Tropfen in den Ufersand. Unter dicken Fichten finden wir etwas Schutz. Nach vier Stunden warten siegt die Ungeduld, wir legen wieder ab. Allerdings ist uns im Schutz der kleinen Bucht gar nicht klar geworden, was sich draußen auf dem See abspielt. Die Wellen sind locker einen Meter hoch und viel zu steil fürs offene Kanu. So kann der See schnell zur tödlichen Falle werden, denn bei vier Grad Wassertemperatur kann eine Kenterung die letzte sein. Wir versuchen den Balanceakt, einerseits die hohen Wellen zu meiden, andererseits möglichst nah am Ufer bleiben, wo sich die Wellen allerdings brechen. Das kann nicht lange gut gehen.

Tut es auch nicht. Der Wind schiebt uns zu nah ans Ufer, eine rollende Welle packt uns und wir können nur noch Gas geben um auf den Strand zu rauschen. Und jetzt? Keine Ahnung. Birgit setzt erstmal Teewasser auf und ich sehe mich nach einem Platz fürs Zelt um. Am schmalen Ufer geht's nicht, aber vielleicht weiter im Wald. Im tiefen moosigen Boden wird nie ein Zelthering halten. Ein paar Meter weiter entdecke ich einen schmalen Pfad, offenbar eine Bärenstraße. Das hat uns gerade noch gefehlt. Laut vor mich hin redend gehe ich weiter, biege um einen bemoosten Felsblock und erstarre augenblicklich zur Salzsäule. Gegenverkehr kommt. Keine 20 Meter vor mir steht ein dunkler Bär. Wir starren uns an. Mein Instinkt befiehlt weg laufen, doch zum Glück funktioniert das Gedächtnis noch und zieht die Bremse. Okay, zeig ihm wer du bist. Ich rede irgendwelches dummes Zeug um mich als fies schmeckender Mensch zu outen. Schließlich können Caribous nicht reden. Aber weiß das auch der Braune? Er weiß es, überlegt nur zwei Sekunden, macht auf dem Absatz kehrt und bricht im gestreckten Galopp durchs Unterholz davon. Schlauer Bär.

Fast genauso schnell bin ich wieder am Ufer, erzähle Birgit mit weichen Knien von riesengroßen Bären im dunklen Wald. Sie sieht mich nur ungläubig an. Die Sache mit dem Zeltplatz hat sich damit wohl erledigt. Also hypnotisieren wir den See bis die Wellen niedriger werden. Fünfmal versuchen wir das Ablegen, fünfmal füllt uns der Iliuk Arm sorgfältig die Wanne. Bei sechsten Mal nutzen wir eine Unaufmerksamkeit des Sees und schaffen den Ausbruch. Tatsächlich sind die Wellen weniger steil, sie überschlagen sich nicht mehr und der Wind hat an Kraft verloren. Diesmal gelingt der Balanceakt besser. Unsere Angst weicht der Zuversicht, wir nutzen die Wogen um voran zu kommen, ziehen die Paddel gleichmäßig durchs Wasser. Es dämmert längst, als wir die Moräne passieren und der ruhige Naknek Lake vor uns liegt. Zwei Schreie der Erleichterung gellen über den See, die letzten fünf Kilometer bis Brooks Camp sind der reinste Urlaub.

Und genau den haben wir uns jetzt verdient. Wir schauen den Bären noch ein paar Tage beim Lachse-Jagen zu, fliegen dann zurück nach Anchorage und satteln die Räder für die lange Fahrt zum Denali Nationalpark. Mit Erschrecken sehen wir die ersten bunten Blätter entlang des George Parks Highway. Aber Mitte August liegt der Sommer in seinen letzten Zügen, der Indian Summer steht vor der Tür. Am Eingang zum Denali NP bekommen wir unsere Camping-Permits und radeln dann in das vielleicht aufregendste Stück Alaskas. Die 150 Kilometer lange Parkstraße ist zum Glück für den privaten Autoverkehr gesperrt, Zugang gibt es nur zu Fuß, per Rad oder Bus. Fast alle der 350.000 Park-Besucher sehen sich die unberührte Tundra rund um den höchsten Berg Nordamerikas aus dem Bus an. Nur wenige erkunden die Szenerie zu Fuß und noch weniger pedalieren die schmale Schotterstraße bis zum Wonder Lake. Wobei das Rad für uns die perfekte Kombination zwischen "Voran kommen" und "Genug Zeit zum Staunen" ist.

Als wir den winzigen Zeltplatz Igloo Creek erreichen, haben wir die Hektik am Parkeingang längst vergessen. Ein kleiner Bach sprudelt höchst lebendig zwischen uralten Bäumen. Eine Elchkuh zieht mit ihren beiden Kälbern mitten über den Zeltplatz, ein Arktisches Erdhörnchen buddelt eifrig an seinem Bau. Nach einer ruhigen Nacht liegt die mit 90 Kilometer längste Parketappe bis zum Wonder Lake vor uns. Zum Warmwerden geht´s gleich mächtig bergan zum Sable Pass. Eine atemberaubende Steigung, die aber oben mit weiten Blicken über die bunte Tundra belohnt wird. Der Herbst kommt mit Riesenschritten, überzieht die Landschaft vor dem langen Winterschlaf mit einem Fest der Farben.

Wir rollen wieder runter zum Toklat River, nur um uns gleich darauf den Polychrome Pass zur Brust zu nehmen. Ab und zu kommt ein Bus entgegen, sonst sind wir allein in der grandiosen Landschaft. Fast jedenfalls, denn immer wieder entdecken wir Caribous und sogar eine Grizzlyfamile, die sich mit den letzten Blaubeeren des Jahres die Bäuche voll schlägt. Schade nur, dass der Himmel immer grauer wird und einsetzender Nieselregen die Berge versteckt. Keine Chance den Denali zu sehen. Die Meilen ziehen sich endlos, die Piste wird schlammiger. Am Eielson Visitor Center gönnen wir uns eine kurze Pause, bevor uns die Zeit weiter treibt. Es wird kälter, Schneeflocken mischen sich in den Regen. Ein Bus kommt entgegen, der Fahrer reckt seinen erhobenen Daumen aus dem Fenster, grüßt die Helden der Piste. Aber auch Helden frieren und werden nass. Held zu sein ist manchmal ganz schön schwer.

Endlich sind wir am Wonder Lake, bauen das Zelt auf und kochen in der offenen Schutzhütte literweise Tee. Langsam kehren die Lebensgeister zurück. Nur die Sonne will nicht wieder kommen. Nur zögerlich zeigen die grauen Wolken am nächsten Tag ein paar Löcher. Am übernächsten noch einige mehr. Immerhin finden einzelne Sonnenstrahlen den Weg nach unten, wandern wie leuchtende Finger über die weite Tundra und geben Hoffnung auf Sicht in die Berge.

Tag drei am Wonder Lake, morgens um sechs der inzwischen routinierte Blick aus dem Zelt. Träume ich oder was? Aber nein, da ist er! Selten war ich so schnell auf den Beinen, muss mich aber sofort festhalten, um nicht aus den Socken zu kippen. Die Aussicht ist einfach umwerfend. Viel näher und viel höher als ich ihn erwartet habe, ragt der Mt. McKinley, den die Alaskaner Denali nennen, in den wolkenlosen Himmel. Ein eisiger Gigant, 6194 Meter hoch. Zu beiden Seiten des Denali erstreckt sich die frisch verschneite Kette der Alaska Range. Aber die 3- und 4000er wirken geradezu winzig gegen den Riesen. Den halben Tag sitzen wir auf einem Hügel hoch über dem Wonder Lake, können uns kaum satt sehen an diesem Panorama. Ab und zu wandern Caribous vorbei, hektische Erdhörnchen treffen die letzten Wintervorbereitungen und die warme Herbstsonne verzaubert die kunterbunte Tundra. Der Sommer ist vorbei, die Touristen längst wieder auf dem Weg nach Süden. Aber dafür ist der Mythos Alaska zurück.